Leistungsnachweis im Fach „Virtual Communities“ (BMG)

bei Prof. Dr. Hans Dotzler / Florian Fell


19.06.2000



© Marius Müller

mm@mediaaktiv.de

© Oliver Maurath

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Grobkonzept für ein alternatives webbasiertes Kommunikations-Feature: TEBALDIS

(TExt BAsed Live-DIScussion)







Hintergrund


Die Idee, eine Alternative zum Chat - einem der populärsten Kommunikationsfeatures im Web, zu suchen entstand bei einer Diskussion im Bus. Darin ging es um die Tatsache, dass viele TV Moderatoren in den letzten Monaten ihre Sendungen immer häufiger mit dem Satz "Kommen Sie doch nach der Sendung noch zu uns in den Chat – unsere Gäste werden noch eine Stunde für Ihre Fragen da sein..." beenden. Die meisten Server sind allerdings so belastet, dass man gar nicht erst bis in den Chat-Raum vordringt. Und falls man es geschafft hat verliert man schnell die Übersicht, da alle Ihre Fragen gleichzeitig loswerden wollen. Es stellt sich die Frage, ob man ein Feature, dass zum Großteil tatsächlich zum "plaudern" bzw. Zeitvertreib im Web genutzt wird auch zum effektiven wissenschaftlichen Diskurs (z.B. im Rahmen einer Community im Bildungsbereich) in herkömmlicher Form nutzen kann.

Unser Ansatz ist sicherlich nicht als Konzept zu verstehen, dass "out-of-the-box" jederzeit und überall umsetzbar ist. Wir wollen lediglich dazu anregen, ein Feature, dass unserer Meinung nach meist sehr konservativ eingesetzt wird, neu zu überdenken.



Einleitung


Wir möchten in diesem Konzept ein Tool vorstellen, dem wir den Namen TEBALDIS geben. TEBALDIS steht für TExt BAsed Live-DIScussion und drückt schon im Namen aus, dass es bei diesem Feature nicht um Chat ("Plaudern") geht, sondern um themenfokusierten, wissenschaftlichen Informationsaustausch. Dabei soll die Tatsache, dass Text manuell über die Tastatur eingegeben wird als Vorteil gegenüber rein mündlicher

(und nicht digital gespeicherter) Kommunikation genutzt werden und Nachteile herkömmlicher Chat-Systeme kompensiert werden.


Nachteile herkömmlicher Chat-Features


("man plaudert über das, was gerade interessant scheint")




TEBALDIS: eine Alternative


Texteingabe


TEBALDIS nimmt alle eingegebenen Text-Informationen (Zeichenfolgen) in eine Datenbank auf, die stetig wächst. Durch eine intelligente Programmstruktur ist es TEBALDIS möglich, sich an die

Satzstruktur des Discussion Partners zu gewöhnen. Durch Aktivierung des Smart-Paste Features (wie bei Handies) können Wörter schon nach dem Eintippen einiger Buchstaben erkannt und ergänzt werden, wodurch

der Satz schneller fertiggestellt und abgeschickt werden kann. Smart-Paste kontrolliert ferner die Eingabe nach einer persönlichen Dicussion-Matrix. Darin werden einmalig alle wichtigen Diskussionsgewohnheiten festgehalten, auf die Smart-Paste zurückgreift

(z.B. bevorzugte Sprachen, um die ensprechende Rechtschreibkorrektur zu aktivieren).


Generierung eines wissenschaftlichen Dokuments


Das während der Diskussion enstehende zusammenhängende Dokument kann LIVE so bearbeitet werden, dass es zu einem späteren Zeitpunkt eine möglichst nützliche Quelle mit Mehrwert darstellt.

Das eigentliche Diskussions-Dokument hat mehrere Ebenen, die einzeln ein und ausgeblendet werden können. Ein Teilnehmer (wir nennen ihn im folgenden Reader) aus dem Publikum, der der Diskussionssitzung beiwohnt (jedoch nicht direkt mitdiskutieren kann) hat die Möglichkeit "zwischen den Zeilen" zu schreiben, d.h. Meinung in schriftlicher Form an konkreten Textpassagen zu hinterlassen. Diese Stellen werden dann ensprechend farblich bzw. durch dezente Symbole markiert (Markierungsmodus kann jederzeit ein- und ausgeblendet werden). Halten sich mehrere Reader an dieser Stelle auf (mind. zwei) öffnet sich eine neue interaktive Diskussionsplattform und die Reader ändern ihren Status (wir nennen ihn Discussion Partner). Jeder Reader kann also in Unterebenen als Discussion Partner vertieft diskutieren, ohne dass den "passiven" Readern in der obersten Ebene der Überblick verlorengeht.


Da jeder Reader sich vor dem Einloggen registrieren muss und bei jedem Kommentar einen "digitalen Fingerabdruck" hinterläßt ist sichergestellt, dass die wissenschaftliche Qualität erhalten bleibt (keiner schreibt irgendwelche unreflektierte, vom Thema abweichende Kommentare). Ferner hat ein Reader die Möglichkeit, missverständliche bzw. unklare Stellen im von TEBALDIS generierten Text farblich zu markieren. Je mehr Reader die selbe Stelle entsprechend markieren, desto

auffälliger die Markierung in der obersten Ebene (z.B. Aufblinken der Textpassage mit steigender Frequenz).

Dieser Hinweis sollte den Discussion Partner veranlassen, eine Erklärung "zwischen den Zeilen" zu seinen eigenen zuvor abgegebenen Statements abzugeben. Falls den Readern diese Erklärung hilfreich genug bzw. klarer erscheint können sie dies ausdrücken, indem sie die Erklärung in der Textpassage mit OK bewerten (falls mehr als 50% OK hört die Textpassage auf zu blinken).


Arbeiten mit dem abgeschlossenen Dokument


Die Anzahl der Vertiefungsebenen (Metaebenen) wird auf Wunsch angezeigt. Außerdem kann man die Spur eines Reader verfolgen, indem man aus der Teilnehmerliste eine entsprechende Person auswählt und

sich chronologisch den Kommunikationsweg durch alle Metaebenen anzeigen läßt.

Das abgeschlossene Dokument kann also unter verschiedenen Aspekten betrachtet werden:

Welche Punkte waren strittig, wo wurde vertieft weiterdiskutiert? wo war Klärungsbedarf?



Ausblick


Unser Grobkonzept könnte sicherlich noch viel weiter "gesponnen" werden. Vielleicht gibt es schon in absehbarer Zeit die Möglichkeit, mit einer TEBALDIS den guten alten Chat, wie wir ihn heute kennen abzulösen und mit dessen Hilfe textbasierte Kommunikation in Bildungskommunities effizient zu gestalten.